May 19 to June 30, 2012

Frauke Boggasch: that sunny dome, those caves of ice

 

von Matthias Philipp


That sunny dome, those caves of ice — den Titel ihrer zweiten Einzelausstellung in der Galerie Cruise & Callas hat die Künstlerin Frauke Boggasch dem Gedicht Kubla Khan des englischen Romantikers Samuel Taylor Coleridge entnommen. Niedergeschrieben nach den Eindrücken eines Opiumrausches steht die Verszeile für Coleridges Spiel mit den Realitäten und für die romantische Kluft, die der Lyriker in die Beschreibung der Naturgewalten einbettet.


Die vereinten Gegensätze, die sich mit dem Ausstellungstitel ankündigen, findet man sofort wieder, wenn man die Ausstellung von Frauke Boggasch betritt. Die dunklen, in vielen lasierenden Schichten gemalten und mit gestischen Zeichenfragmenten versehenen Gemälde rufen einen tiefen ungeahnten Raum hervor. Daneben finden sich leichtere, verspieltere Werke, auf denen die Farbe im Begriff ist, Form und Figuration anzunehmen und deren graue Lasur sie zugleich schmutzig strahlen lässt. In all diesen Werken findet man sowohl figurative Elemente als auch abstrakte Geste. Die Werke legen einen imaginären Raum an und betonen zugleich die Abstraktion. Diese Dualität spiegelt sich auch in Boggaschs Werktiteln wieder. Hier findet man die Benennung o.T. häufig ergänzt durch einen in Klammern gesetzten Zusatz. Dies ist nicht nur ein assoziatives Angebot an den Betrachter, der Abstraktion eine Gegenständlichkeit gegenüberzusetzen. Die Künstlerin erweitert ihre Bilder so auch ganz bewusst und mit Emphase in den persönlichen Raum.


Die Frage nach der Relevanz der Malerei und ihrem Wesen wird in Boggaschs Arbeiten eng mit der Reflexion über das Künstler-Ich verknüpft. In fotografischen Selbstporträts, die sie als notwendiges Korrektiv zu ihren malerischen Arbeiten versteht, spielt sie mit den verschiedenen Typen des Künstlergenies. In BE STRONG BE WRONG I sitzt Boggasch steif und mit ernsthaftem Gesichtsausdruck vor einer intellektuellen Bücherwand, während sie sich in BE STRONG BE WRONG II ihrer Kleider entblößt hat und sich aller Öffentlichkeit zur Schau stellt.


Auch die Videoarbeit im Keller der Galerie zeigt, wie die Künstlerin den persönlichen Geistern eine Gestalt verleiht. Im Keller der Galerie selbst gedreht, doppelt sich der Raum in der Videoprojektion an der hinteren Wand. Man sieht die Künstlerin, wie sie aus den dunklen Nischen hervortritt und langsam den Raum abschreitet. Dabei tauchen Fragmente aus japanischen Holzschnitten von Toriyama Sekiens auf – einer Kultur, mit der sich die Künstlerin seit Jahren auseinandersetzt –, die wie Zeichnungen auf den Wänden erscheinen. Sie schweben wie gespenstische Schatten um die Künstlerin, folgen dann ihrer Bewegung und verschwinden wieder im Dunkeln. Das Spiel mit der Dopplung setzt sich fort, wenn die Künstlerin selbst die Gestalt einer Rokurobuki annimmt, einer dämonischen Frauengestalt aus der japanischen Mythologie, deren gespenstische Erscheinung sich erst im nächtlichen Dunkeln offenbart. So wie die Künstlerin in ihrer Videoarbeit ihr Selbstbild mit den Geistergestalten überblendet, so geistert auch ihr eigenes Ich durch die Werke ihrer Ausstellung.



Finissage-Party mit Iron Curtis, Edit Piafra & friends am Samstag 30. Juni ab 21 Uhr