January 26 to March 2, 2013

Chris Hammerlein: Sculpture

 

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Wohin wir auch blicken, begegnet uns Menschliches, Allzumenschliches in den Arbeiten des amerikanischen Künstlers Chris Hammerlein. Das ist wörtlich gemeint, als Kosmos, der sich beim Betrachten der Skulpturen und Zeichnungen des Künstlers eröffnet, als es sich auch auf das gleichnamige Werk Friedrich Nietzsches bezieht. Bei Cruise & Callas zeigt Hammerlein erstmals außerhalb des amerikanischen Kontinents in einer Einzelausstellung eine Auswahl seiner neuen Skulpturen. Zum einen sind figürliche, bunt kolorierte Arbeiten aus Ton wie „Christ“, die „Rhine Maidens“ oder „Angel Cypress“ zu sehen. Ihre erzählerische Dynamik wird zum Teil noch durch einen bühnen- oder dioramenhaften Aufbau verstärkt. Zum anderen finden sich abstrahierte, weiß glasierte Arbeiten – sind es Korallen, Gedärme oder Höhlenlabyrinthe? Was auch immer man in diesen Gebilden sehen mag, Leben und Sterben ist ihnen eingeschrieben.


Nietzsches „Menschliches, Allzumenschliches“ gilt als erstes positivistisches Werk des Philosophen und markiert einen Moment der Loslösung Nietzsches von der Vergangenheit zugunsten eines „Freigeistes der Gegenwart“. Nun wird das „freie, furchtlose Schweben über Menschen, Sitten, Gesetzen“ erstrebenswert und das Entstehen von „Etwas aus seinem Gegensatz“ wird zum Normalfall. So ist Nietzsche zufolge auch der Künstler auf „unreines Denken“ angewiesen. Als kindliches, „zurückbleibendes“ Wesen vergegenwärtigt er das Vergangene in einem „Gedächtnissfest“.


Die Unvoreingenommenheit des 1962 geborenen Hammerlein erinnert uns indessen weniger an die eines Kindes als vielmehr an die eines Buddhas, der mit Gleichmut und Wohlwollen auf das Grundlegende blickt – auf Leben und Sterben, Zeugung und Ausrottung, Gewalt und Begehren, Glauben und Hoffnung. Und ganz, ganz klein begegnet uns in diesen Wogen des Lebens auch das Alter-Ego des Künstlers: Der Minotaurus, das tragische Mischwesen aus Stier und Mensch, den das Dilemma seiner Väter in ein Leben im Labyrinth hineingeboren hat.

 

 

 

The human, all too human, is what we come across wherever we look in the work of the American artist Chris Hammerlein. That is meant literally, as a cosmos that opens up when viewing the sculptures and drawings and as a reference to Friedrich Nietzsche’s work of the same name. At Cruise & Callas, Hammerlein exhibits a selection of new sculptures in his first solo show outside of the American continent. On the one hand can be seen figurative, colourful clay works such as “Christ”, the “Rhine Maidens” or “Angel Cypress”. In places, their narrative dynamic is further strengthened through stage or diorama-like settings. On the other, abstracted, white glazed pieces are to be found – are they corals, intestines or labyrinths of caves? Whatever you might see in these formations, life and death are inscribed into them.


Nietzsches “Human, All Too Human” counts as the philosopher’s first positivist work and marks a turning away from the past in favour of a “free spirit of the present”. The “free, fearless hovering above human beings, customs, laws” now becomes desirable and the arising of “something from its opposite” becomes the norm. Thus, according to Nietzsche, the artist is also reliant on “impure thinking”. As a childish, “residual” being, he brings the past to mind in a “festival of memory”.


The impartiality of the 1962-born Hammerlein reminds us, meanwhile, less of that of a child than far more of that of a Buddha, who views the elementary things – living and dying, procreation and extinction, desire and violence, hope and belief – with equanimity and benevolence. And in these upheavals of life, we come across, very tiny, the artist’s alter ego: the Minotaur, the tragic half man, half bull, who was born into life in the labyrinth out of its fathers’ dilemma.

 

Translated by Richard Neal