June 6 until June 14, 2014

Aus dem Fundus der botanischen Semantik

 

as part of the exhibition by and at the invitation of Stefan Rinck. With works by Marion Andrieu, Marcus Bastel, Andreas Blank, Frauke Boggasch, Christina Bunk, Rick Buckley, Kai Dräger, Barbara Fourneret, Frank Frede, Maike Gräf, Daniel Grüttner, Chris Hammerlein, Carl Hanni, Uwe Henneken, Felix Höfner, John Isaacs, Susanne Jung, Dionisis Kavallieratos, Ingrid Klausner, Jean-Yves Klein, Luzie Kork, Von Pelt, Fred Rubin, Caro Suerkemper, Michael Trischberger, Gabriel Vormstein, Martin Wellmer, Anna-Lena Wenzel, Phillip Zaiser

Aus dem Fundus der botanischen Semantik  as part of the exhibition by and at the invitation of Stefan Rinck
Aus dem Fundus der botanischen Semantik  as part of the exhibition by and at the invitation of Stefan Rinck
Aus dem Fundus der botanischen Semantik  as part of the exhibition by and at the invitation of Stefan Rinck


Aus dem Fundus der botanischen Semantik

Der Kaktus als Metapher für die Selbsthistorisierung der Postmoderne

 

Die Suche nach den Anfängen führt selten zu einem einzigen Ursprung, von dem alles seinen Anfang nahm. Denn der Beginn von Tradition verliert sich in einer Vielzahl von Begebenheiten. Nietzsche gab die Vorstellung von einer einzelnen gemeinsamen Wurzel auf. Der Baum des Wissens als klassisches epistemologisches Ordnungssystem, das auf Platon zurückgeht, wird durch das Bild des Wurzelwerks ersetzt und später noch von Guattari und Deleuze durch das Rhizom erweitert, welches zur Metapher des poststrukturalistischen Denkens wird.
 
Im Kunstdiskurs spielt die Herkunftslehre eine entscheidende Rolle um eine klärende Ordnung in die Kunst der Vergangenheit zu bringen. Sie eröffnet darüber hinaus, der im Entstehen begriffenen und allseits angefeindeten Gegenwartskunst durch historische Rückbindung, Zukunftschancen. Nur wenige wissen die Moderne auch ohne Herkunftsnachweis zu schätzen. Indem Künstler sich herleiten lassen, wird ihnen ihr Platz in einem System der Wertschöpfung zugewiesen. Die Provenienz wird als Verfahren gegen die allgemeine Ablehnung der modernen Kunst eingesetzt. Mit bewußt eingesetzten Referenzen ist der Stammbaum der Geschichte wieder hergestellt und die Kunst in die Tradition eingegliedert.
 
Referenzen sind, wie die Stacheln eines Kaktus, ein probates Mittel um sich vor dem Zugriff der Kritik zu schützen. Der Kritiker läuft Gefahr als ignorant und unwissend dazustehen, wenn er nicht die Referenzen kennt und berücksichtigt. Der oft als provokant und ironisch konstatierte Bruch mit der Tradition gilt nur in der Theorie. In Wirklichkeit existiert er nicht.
 
Der klassische Westernkaktus, mit seiner klaren Baumstruktur, gespickt von Stacheln, wird als Symbol für das Verhältnis der modernen Kunst zur Historie aufgestellt: provokant und verletzend,  aber fest in der Tradition verankert. Ähnlich wie der Kaktus in einer lebensfeindlichen Wüste, schafft es so die Postmoderne im Meer der allgemeinen Fragwürdigkeit zu überleben und zu blühen.


Stefan Rinck