September 13 until October 25, 2014

Anneke Eussen: Circle lines

 

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Anneke Eussen zeigt in ihrer Einzelausstellung „Circle lines“ bei Cruise & Callas neue Objekte und Zeichnungen, die nicht nur durch den für die Künstlerin typischen Purismus in der Formsprache faszinieren, sondern auch durch die aus ihnen resultierenden Gedanken zur Definition zeitgenössischer Kunstproduktion selbst.

 

Das Werk der 1978 geborenen Niederländerin kreist seit jeher um Identifikation, um deren Definition und die Umstände deren Herausbildung. Während in den Papier- und Objektarbeiten die Aufmerksamkeit auf den existentiellen Versatzstücken der Subjektbildung liegt, untersuchte Eussen in ihren jüngeren Rauminstallationen zeitgeschichtliche Phänomene, die der Künstlerin insbesondere in Städtebau und Architektur begegneten. In „Circle lines“ finden diese beiden Ebenen nun zueinander.

 

Bei der Umsetzung geht die Künstlerin gewohnt behutsam vor, die Leichtigkeit ihrer ästhetischen Sprache entspricht dem Umgang, zu dem ein Schmetterlingsforscher gezwungen ist, um seinen fragilen Untersuchungsgegenstand nicht zu beschädigen. In ihrer Arbeit „You don´t understand me #2“ setzt Eussen zwei Kleiderhaken nebeneinander, beide Gegenstände bringen offensichtlich eine Geschichte mit. Sie ähneln einander und sind doch nicht gleich, sie erscheinen als zweieiiger Zwilling. Aus diesem Spannungsfeld entwickelt sich in Eussens Objekten Identität und Fragen scheinen auf: Was genau macht die Präsenz bestimmter Dinge in unserem Umfeld aus? Was wurde diesen weggenommen, welche Informationen und Beziehungen sind verloren gegangen? Und welche Energie erfahren sie nun, in einen neuen Zusammenhang gesetzt?

 

Die Künstlerin geht in der Ausstellung aber noch einen Schritt weiter: Aus dem, was Zufall, Absicht und Geschichte hinterlassen haben, entwickelt sie nicht nur eine „Persönlichkeit“ eines Gegenstandes, in konsequenter Fortsetzung ihrer Methode zeichnen sich in ihren neuesten Werken auch die Spuren der von ihr vorgenommenen künstlerischen Prozesse selbst ab. Die Voraussetzung hierfür ist ein Innehalten im Arbeiten, ein Moment der plötzlichen Bewusstwerdung einer unbewusst und möglicherweise nachlässig vorgenommenen Handlung. Und, im nächsten Schritt, ein bewusstes Verfolgen oder Herausstellen genau dieser Aktion. Wieviel tragen solche zufälligen Handlungen und deren Ergebnisse eigentlich zu Form, Erscheinung und Wert dessen bei, was uns umgibt?

 

So trifft Anneke Eussen mit ihren neuesten Arbeiten direkt ins Herz der Frage nach künstlerischer Produktion: Im Fokus steht zum einen der Gegenstand, den Eussen aus dem Alltag herauslöst um ihn zum energiegeladenen Objekt zu machen. Zugleich isoliert die Künstlerin aber auch den Charakter dessen, was Kunst ausmacht: das nicht wiederholbare, einzigartige Zusammenspiel und ein sich gegenseitiges Bedingen von durchdachten und zufälligen Aktionen.

 

Anneke Eussen, *1978 in den Niederlanden, studierte am Higher Institute for Fine Arts, HISK in Antwerpen und  an der Akademie für Bildende Künste in Maastricht. Zuletzt zeigt sie mit „As It Is“ eine Einzelausstellung in ihrer Galerie Tatjana Pieters in Gent, Anfang 2014 präsentierte sie neben neuen Arbeiten ein Künstlerbuch in der Institution Zebrastraat in Gent. Weitere Einzelausstellungen hatte Eussen in der Highlight Gallery, San Francisco, in der Berliner LSD Galerie und 2007 im Bildmuseet, Umeå (SE). Eussen nahm an Gruppenausstellungen u.a. in der Jan Van Eyck Academie, Maastricht, bei CC De Bond, Bruges (BE), The Wand, Berlin und Ainsi Building, Maastricht teil. Ihre Arbeiten sind in diversen privaten und öffentlichen Sammlungen in Europa vertreten. 2009 war sie Gastprofessorin der Kuvataideakatemia in Helsinki.

 

english version


In her solo-exhibition “Circle lines“ at Cruise & Callas Anneke Eussen shows new objects and drawings, which are captivating not only in the purism of form typical for the artist. They also trigger challenging thoughts on the definition of contemporary art production itself.

 

The body of work of the 1978 born Dutch artist has always been revolving around identification, the definition of it and the circumstances of its development. While the paper works and objects focus on existential components of subject formation, Eussen’s more recent spatial installations explore contemporary historical phenomena, which the artist particularly came across in urban structures and architecture. In “Circle lines” these two layers now come together.

 

The implementation takes place very cautiously, as usual with the artist: the lightness of the aesthetic language corresponds to the handling of a lepidopterist with his fragile object of investigation. In her work “You don’t understand me #2” Eussen places two clothes-hooks next to each other, with both objects clearly bringing in their own history. They resemble each other and yet they are not the same, they appear as fraternal twins. In Eussen’s objects identity arises from this conflicting relation and questions like the following appear: What exactly constitutes the presence of things in our environment? What has been taken away from them, which information and relation has got lost? And which energy do they undergo now put in this new context?

 

The artist goes one step further in the exhibition though: From what chance, intention and history have left, she develops not only a “personality” of an object, but in a consequent continuation of her method traces of her artistic processes become central in her most recent works. The condition therefor is a reflective pause in working, a moment of a sudden realization of an unconscious or of a potentially inattentive act - and, in a next step, to consciously follow and highlight exactly this. How much do such concurrent activities and their results actually contribute  to form, appearance and value of the things, that surround us?

 

That way, Anneke Eussen aims with her newest works directly at the heart of the question of artistic production: The focus is on one hand on the object, which Eussen separates from its everyday life to energize it. On the other hand, the artist isolates the character that constitutes art: the unrepeatable, unique interaction and a mutually reinforcing dependence of thought-out and coincidental actions.

 

Anneke Eussen (born 1978 in the Netherlands) studied at Higher Institute for Fine Arts, HISK in Antwerp and at the Academy of Fine Arts in Maastricht. Most recently she had a solo-show called “As It Is” at Tatjana Pieters Gallery in Ghent, in the beginning of 2014 she presented besides newest works an artist book at Institution Zebrastaat in Ghent. Further solo-shows have been at Highlight Gallery, San Francisco, at LSD Galerie, Berlin and 2007 at Bildmuseet, Umeå (SE). Eussen took part in group-shows inter alia at Jan Van Eyck Academie, Maastricht, at CC De Bond, Bruges (BE), The Wand, Berlin and Ainsi Building, Maastricht. Her works are part of several private and public collections throughout Europe. In 2009, she has been a visiting professor at Kuvataideakatemia in Helsinki.